Liebe UnterstützerInnen und Freunde,
obwohl wir fast zwei Monate nichts mehr von uns hören ließen, haben wir unser Projektziel ununterbrochen weiter verfolgt. Nun wollen wir euch endlich auf den neuesten Stand bringen. Zuerst das Wichtigste: das Libertäre Zentrum befindet sich seit mehreren Wochen im Aufbau.
Verhandlungen mit der Stadt
Nach der sechswöchigen Besetzung im Sommer, der anschließenden „kalten Räumung“, einer Freiraumdemo und zahlreichen Aktionen begannen im August Verhandlungen zwischen von OB Trümper beauftragten Vertretern der Stadt Magdeburg und unserer Kampagne, mit Unterstützung durch einige Stadträte. In den Gesprächen erklärten einige Vertreter der Stadt einerseits ihr Wohlwollen unserem Projekt gegenüber. Andererseits forderten sie jedoch einen klaren bürokratischen Rahmen für dessen mögliche Umsetzung in einem leerstehenden städtischen Objekt. Uns wurde ein detaillierter, langwieriger Verlaufsplan für die weiteren Verhandlungen vorgelegt, welcher u.a. die Gründung eines Vereins, zwei notwendige positive Stadtratsbeschlüsse und weitere Verhandlungen mit verschiedenen Behörden beinhaltete.
Konkret wurde uns, nach dem anfänglichen Vorschlag einer indiskutablen Ruine, die Nutzung eines ehemaligen Schulgebäudes zusammen mit einem großflächigen Gelände in Aussicht gestellt. Über die genauen Konditionen, zum Beispiel die Höhe eines möglichen Kaufpreises, wurden jedoch keine klaren Aussagen getroffen. Wohl aber wurde signalisiert, dass ein marktüblicher Kaufpreis erhoben würde, der im Bereich von ca. 100.000 € aufwärts angesiedelt werden kann. Zur Vorbedingung für eine Nutzung nach einem eventuellen Kauf wurde gemacht, dass in das Schulgebäude komplett neu sanitäre Anlagen und eine Heizanlage eingebaut werden müssen, da es uns nicht zugetraut wurde, den außerhalb des Gebäudes befindlichen Sanitärtrakt im Winter für uns selbst gefahrlos 🙂 nutzen zu können. Dies vor dem Hintergrund einer noch nicht bestehenden Nutzungsgenehmigung für das Libertäre Zentrum zu Wohnzwecken. Wir besichtigten das angebotene Gelände und ließen von einer unabhängigen Firma ein Baugutachten anfertigen. In diesem wurde festgestellt, dass die notwendigsten Sanierungsarbeiten (Dachstuhl, Heizungsanlage, Bausubstanz) nochmals Kosten von mehr als 100.000 € verursachen würden – die nötigen Aufwendungen für den Umbau der ehemaligen Schulräume nicht eingerechnet. Diese Summe macht den Aufbau des Libertären Zentrums im angebotenen städtischen Objekt unmöglich.
Der Worte sind genug gewechselt, lasst nun endlich Taten sehn!
Unserer Einschätzung nach waren die Verhandlungspartner der Stadt nicht willens, einen Verhandlungsrahmen zu bieten, der es uns ermöglicht hätte, zeitnah und unbürokratisch ein Gebäude für den Aufbau des Libertären Zentrums zu nutzen. Diejenigen unter uns, die dringend Wohnraum benötigen, hätten unter der Verfahrensweise der Stadt vor dem Winter kein Obdach erhalten. Von einer Förderung durch OB Trümper kann also nicht die Rede sein. Die zur Schau gestellte bürokratische Unflexibilität, die sich teils als paternalistische Bevormundung äußerte, ließ bei uns den Eindruck entstehen, dass es beabsichtigt sei, unser Anliegen wie einen „ganz normalen“ Immobilienverkauf zu behandeln. Die Eröffnung eines Libertären Zentrums ist aber kein normaler Immobilienkauf – das L!Z soll ein Katalysator für vielfältige politische, soziale und kulturelle Veränderungen in Magdeburg sein!
Wir freuen uns sehr, nun eine unterstützende Person gefunden zu haben, die uns durch das Einräumen besonderer Konditionen den Mietkauf eines Wohnhauses ermöglicht. Dies bedeutet aber nicht, dass bei scheiternden Verhandlungen mit städtischen Vertretern ein Kauf auf dem freien Markt automatisch eine Option ist, da der dort vorherrschende Drang nach Profitmaximierung kaum einen sozialen Spielraum zulässt.
Unser Haus
Während der Verhandlungen mit der Stadt wurde durch uns der Verein „Libertäres Zentrum Magdeburg e.V.“ gegründet, um als juristische Person Verträge unterzeichnen zu können. Trotz aktiver Bemühungen des Staatsschutzes, den Verkäufer durch persönliche Gespräche zu verunsichern, vor uns zu warnen und so vermutlich vom Verkauf abzubringen, schließt der Verein derzeit einen Mietkaufvertrag für ein Altbau-Wohngebäude in Magdeburg-Fermersleben ab. Das Gebäude gehört einer Privatperson, welche unsere Ideen unterstützenswert findet und uns deshalb das Haus zu sehr guten und marktunüblichen Konditionen überlässt. Ansonsten wäre der Mietkauf eines Gebäudes für uns nicht umsetzbar gewesen. So aber nehmen wir die Chance wahr, mit dem Aufbau des Libertären Zentrums hier und jetzt beginnen und das L!Z so bald wie möglich eröffnen zu können. Damit schaffen wir eine Projektstruktur, die es in Magdeburg bisher nicht gibt: eigene Räume für linke Politik, Kunst und selbstorganisierte, unkommerzielle Projekte. Und zwar unabhängig von Vermietern, Stadt, NGOs etc..
Das Haus bietet ausreichend Platz für gemeinschaftliches Wohnen sowie für verschiedene politische und kulturelle Projekte. Fest geplant sind ein Veranstaltungs- und Konzertraum, ein Umsonstladen, ein Infoladen, ein Seminarraum sowie eine Siebdruck- und eine Selbsthilfewerkstatt. Das Gebäude befindet sich in einem grundsätzlich akzeptablen Zustand, muss aber an etlichen Stellen saniert werden, damit Leute und Projekte einziehen können. Wir sind fleißig dabei, das Haus winterfest zu machen sowie instand zu setzen und benötigen dafür vielfältige Unterstützung. Vor allem können wir so gut wie alles an Material, Baustoffen und Werkzeugen gebrauchen. Zudem werden wir bald wieder zu Bauwochenenden einladen.
Still loving Squats!
Das Libertäre Zentrum soll auch Ausgangspunkt für zukünftige Freirauminitiativen sein, denn der Kampf für Autonomie und Freiräume endet nicht mit der Eröffnung des L!Z, sondern geht in die nächste Runde. Wir empfinden Hausbesetzungen weiterhin als legitimes Mittel, um auf leer stehende Gebäude hinzuweisen, die dahinter stehenden Verwertungsprinzipien öffentlich zu machen und ungenutzten Wohnraum unbürokratisch wieder mit Leben zu füllen. Wir werden mit dem Libertären Zentrum Aktionen unterstützen, welche die Regeln von Gentrifizierung und kapitalistischer Verwertungslogik klar und gezielt brechen. Oder, wie die Pyranhas sagen: Es gibt genug tote Stadt! Lasst uns diesen Zustand gemeinsam verändern!
Vollversammlung des Libertären Zentrums im November 2009
Endlich offiziell, klasse! Auf in die nächste Runde
Ich wünsche euch viel Kraft, Mut und Ausdauer auf dem Wege, euer eigenes, kleines Paradies zu schaffen! In stetiger Hoffnung, dass euch Personen wie die von ZK nicht die Butter vom Brote nehmen, und ihr stets Abstand wahret.
love squats, hate idiots