Zwischen Lüge und Lobby: Über Forschung mit der grünen Gentechnik, Behördenfilz und Fördergeldmissbrauch

Vortrag und Diskussion mit Mirjam Anschütz | Montag, 6. September 2010 | 20:00 Uhr
Über 80% der Bevölkerung sprechen sich gegen die grüne Gentechnik aus. Aus gutem Grund, denn die Gefahren dieser Technologie sind nach wie vor nicht abschätzbar. Einmal in die Umwelt ausgebracht, können die genmanipulierten Konstrukte nicht mehr zurück geholt werden. Doch wie ist das bei sogenannter Sicherheitsforschung, wenn Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Organismen als wissenschaftlich deklariert werden? Das klingt vertrauenswürdig… oder?

Im Jahr 2006 wurde vom Leibniz-Institut in Gatersleben (Salzlandkreis, Sachsen-Anhalt) ein wissenschaftlicher Versuch mit Genweizen angelegt. Dieser Versuch provozierte immense Proteste. Einerseits weil es sich um Weizen handelt, unsere wichtigste Nahrungspflanze. Andererseits, weil die Freisetzung direkt neben Flächen erfolgte, auf denen traditionelles Weizensaatgut erhalten werden sollte. Auskreuzungen waren vorprogrammiert – vielleicht sogar einkalkuliert.
Nachdem aller Protest wirkungslos blieb, zerstörten sechs AktivistInnen das Genweizenfeld in einer öentlichkeitswirksamen Aktion. Die nun anstehenden Prozesse nutzen sie, um den Skandal um das Genweizenfeld in die Öentlichkeit zu bringen. Dass dieser Versuch ein Skandal war, war ihnen vorher bekannt. Um welches Ausmaß es sich handelt, wussten sie nicht: Im Laufe der Prozesse stießen die AktivistInnen auf Dokumente über schlampige Kontrollen, Fördergeldbetrug und nachlässige Versuchsdurchführung.
Am Beispiel des Freisetzungsversuchs in Gatersleben werden die Netzwerke und die Praxis der Genlobby beispielhaft aufgezeigt: Wissenschaftlich heißt nicht zwangsläufig korrekt, genehmigt heißt nicht unbedingt sicher und öffentlich gefördert heißt nicht zwingend im Sinne der Allgemeinheit.
Mirjam Anschütz studiert Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen und engagiert sich für die Erhaltung nicht patentierter, bedrohter Nutzpflanzensorten. Sie beteiligte sich 2008 an der gewaltfreien Gendreck-weg-Feldbefreiung des Genweizenfeldes in Gatersleben. Nun steht sie mit fünf anderen AktivistInnen vor Gericht. Sie werden des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung bezichtigt und sollen 250.000 Euro Schadensersatz an das Institut zahlen.

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