Richtigstellung des Polizeieinsatzberichtes [überarbeitet]

Die Pressestelle der PD Sachsen-Anhalt Nord, PRev Magdeburg, veröffentlichte einen Bericht über eine Demonstration am zum damaligen Zeitpunkt besetzten Haus in der Freien Straße in Magdeburg (Pressemitteilung Nr.: 321/09, Originaltext in einem Pastebin). Der Bericht gibt die Situation in grob verfälschter Weise wieder.
So heißt es dort:

Im Zusammenhang mit einer seit dem 06. Mai 2009 bestehenden Hausbesetzung in Magdeburg, Freie Straße, versuchte am 02.07.2009 gegen 01.00 Uhr eine Gruppe von 50 Sympathisanten dieser Hausbesetzer ebenfalls in das Gebäude zu gelangen. […] Durch ein schnelles Eingreifen der Polizei konnte ein Eindringen dieser Personen in das Gebäude verhindert werden.

Dazu stellen wir fest:
Die Besetzung fand unseres Wissens am 16. Mai statt.
Die an der Demonstration Beteiligten hatten zu keiner Zeit die Absicht oder den Versuch unternommen, in das Gebäude zu gelangen, sondern verharrten mehrere Minuten lang in der Nähe der Kreuzung Freie Straße/Marienstraße, wobei durch Sprechchöre, Benutzung von Paarbecken und das Trommeln an einem Metallzaun die Solidarität mit den BesetzerInnen bekundet wurde.

Zur Abwehr der Angreifer, welche mit Flaschen und Pyrotechnik auf die Polizeibeamten warfen und mit Knüppeln auf die Polizeibeamten einschlugen, musste kurzzeitig der Schlagstock eingesetzt werden.

Dazu stellen wir fest:
Es fand zu keinem Zeitpunkt ein Angriff in irgendeiner Form auf die anwesenden PolizistInnen statt. Knüppel wurden von keinem Demonstranten mitgeführt oder gegen die Polizei eingesetzt. Beim Beenden der Demonstration gingen tatsächlich zwei Flaschen zu Bruch, jedoch waren sie nicht auf PolizistInnen geworfen wurden.
Der Schlagstock wurde von einem einzelnen, äußerst aggressiv auftretenden Polizisten wahllos gegen friedliche Demonstranten eingesetzt.
(Ergänzung: Mittlerweile stellte sich heraus, dass sogar mehrere BeamtInnen den Schlagstock einsetzten.)

Nach bisherigen Erkenntnissen wurde bei der Auseinandersetzung keine Person verletzt.

Dazu stellen wir fest:
Es scheint absurd, dass – wie vorher behauptet – Polizei und Demonstranten sich gegenseitig mit Knüppeln attackieren und niemand dabei verletzt wird.
Insbesondere wurden keine PolizistInnen verletzt. Hingegen wurden zahlreiche DemonstrantInnen während ihrer friedlichen Meinungsäußerung von BeamtInnen mit dem Schlagstock misshandelt. Sie trugen Quetschungen und Hämatome davon.

Den Polizeibeamten gelang es die Personengruppe zurückzudrängen, es erfolgte eine Identitätsfeststellung von 28 Personen, darunter befand sich eine, die bereits per Haftbefehl gesucht wurde.

Dazu stellen wir fest:
Es wurde versucht, die spontane Demonstration bei einem Beamten anzumelden. Dies wurde jedoch nicht ermöglicht. Die Demonstranten entschieden, ihre Zusammenkunft aufzulösen, um eine Eskalation und weitere Verletzte zu vermeiden.
Die Identitätsfeststellungen fanden nicht am Ort der Demonstration statt, sondern im gesamten Stadtgebiet Magdeburg-Buckau (und darüber hinaus). Dabei wurde in keinster Weise zielgerichtet vorgegangen, sondern die Personalien beliebiger Menschen aufgenommen.
Bei der per Haftbefehl gesuchten Person handelte es sich um einen Menschen, der Rechnungen für’s Schwarzfahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht fristgerecht begleichen konnte.

Um 14.30 Uhr des heutigen Tages wurde der Eigentümer des Objektes durch die Polizei darüber informiert, dass sich vermutlich keine Personen mehr im Objekt befinden. In Begleitung der Polizei betrat der Eigentümer das Haus, in dem sich keine Personen mehr befanden. Die Polizei übernahm die Spurensicherung und Dokumentation der entstandenen Schäden.

Dazu stellen wir fest:
Die Eigentümer des Geländes ließen das denkmalgeschützte Gebäude seit 15 Jahren verrotten. Viele Fenster waren zerstört, Dachrinnen defekt oder demontiert, Löcher im Dach, Elektroleitungen entfernt, Vandalismus hatte stattgefunden, da das Gebäude jahrelang offen stand. Die BesetzerInnen hingegen führten erst vor Kurzem ein Bauwochenende durch, in dessen Rahmen zahlreiche Reparaturen am Haus durchgeführt und das Gebäude dadurch aufgewertet wurde.

Es ist davon auszugehen, dass der Übergriff der Sympathisanten der Hausbesetzer in der vergangenen Nacht dazu dienen sollte, dass die 5 Hausbesetzer unerkannt flüchten konnten.

Dazu stellen wir fest:
Von einem Übergriff der DemonstrantInnen kann nicht die Rede sein. Vielmehr wurden diese von der Polizei angegriffen.
Im ersten Absatz des Polizeiberichtes wird behauptet, das Ziel der DemonstrantInnen sei gewesen, in das Gebäude zu gelangen – und nicht, wie hier, den BesetzerInnen eine Flucht zu ermöglichen.
Wir stellen also ferner fest:
Die Polizei sollte bei der Konstruktion absurder Beschuldigungen resp. Pressemitteilungen künftig sorgfältiger vorgehen. Grundrechtswidriges Verhalten wie Schlagstockeinsatz gegen friedliche Menschen lässt sich in subtilerer Weise rechtfertigen.

7 thoughts on “Richtigstellung des Polizeieinsatzberichtes [überarbeitet]”

  1. Liebe BesetzerInnen,
    das ist sehr schade, dass ihr diesen Schritt tun musstet, aber es zeigt auch allen, wie verantwortungsvoll ihr mit der Stiuation umgegangen seid. Die Polizei hat eindeutig versucht, zu eskalieren. Bei einigen Damen und Herren der Exekutive scheinen wohl auch sehr persönliche Motive ihre Gewaltbereitschaft enorm gesteigert zu haben. Ihr habt das cool und entschlossen bewältigt. Wie sehr die das ärgert, kann man an ihrem Bericht sehen, denn so eine verzerrte Wahrnehmung können die gar nicht haben.
    Wer auch immer eure Veröffentlichungen verfasst, die waren bzw. sind absolut klasse. Auch eure Art mit sachlicher, unsachlicher und manchmal nur dummer polemischer Kritik umzugehen ist echt vorbildlich.
    Ihr hebt euch angenehm ab von dem ganzen unreflektierten Kasperkram, der oftmals unter “Bericht” über linkes Leben im Netz zu lesen ist. Die Analyse des Polizeiberichts ist klasse, vielleicht kann man das ja, garniert mit Bildern als Beleg noch mal veröffentlichen, evt. kapiert dann sogar eine Volksstimme oder der mdr, dass Uniform nicht immer gleich Wahrheit bedeutet. Wäre auf jeden Fall sehr schön, wenn ihr diesen Stil beibehaltet.
    Wünsche euch viel Kraft und weiterhin Erfolg.

  2. Es waere u.U. guenstig, wenn die Leute, die beim Schlagstockeinsatz verletzt worden sind, sich das aerztlich attestieren lassen und Fotos machen wuerden.
    In Verbindung mit einem Ermittlungsausschuss (EA) laesst sich das dann auswerten und ggfs. Gegenoeffentlichkeit schaffen.
    Ansonsten ist leider (!) das Ganze angesichts der reisserischen Darstellung der “Volksstimme” usw. nur heisse Luft.
    Ganz anders saehe es schliesslich fuer die Medien aus, wenn die Nachricht beispielsweise lauten wuerde “20 friedliche Demonstranten von Polizei zusammengeschlagen!”.
    Dazu braeuchte es aber eine nachweisbare Darstellung. Evtl. noch garniert mit eindrucksvollen Verletztenbildern 😉
    Meines Wissens gibt es hier in MD keinen EA (bitte korrigieren falls es doch einen gibt!).
    Zur Not bietet es sich also an, zur Beratung mit dem EA im Berliner Mehringhof Kontakt aufzunehmen (030/6922222), siehe auch http://www.mehringhof.de/projekte.html.

  3. da es schönes wetter ist fuhr ich am haus vorbei und dachte oh ,es ist wieder besetzt aber beim näheren schauen sah ich die wachleute 🙁 die im hof gesessen haben am tisch als ob es eine party gebe.sie schauten böse [diffamierende Äußerung gelöscht]

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